"Der Stein beginnt zu reden"
Schüler übernehmen Patenschaften für Denkmäler
Artikel in der Fachzeitschrift "Restauro 06/2008"
Kindern und Jugendlichen die Bedeutung von Denkmälern als unverzichtbaren Teil unserer Umwelt, Geschichte, Heimat und Kultur begreifbar zu machen, ist eine wichtige Kernaufgabe, die zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Belange der Konservierung und Restaurierung beträgt. [...]
Der ganze Artikel als pdf-file: Restauro 06/2008
Schulprojekt
Von Denkmälern lernen
Alte Steine in den Unterricht integrieren und dabei fürs Leben lernen?
Hier finden Sie Infos zu den Förderern von Schulprojekten, die sich für Kulturdenkmäler einsetzen
Artikel in der Fachzeitschrift "Focus Schule 18.08.2008"
Klöster, Kirchen, Kreuzwege – nicht nur die „klassischen“ Kulturgüter können Denkmal sein. Auch historische Gärten, alte Parks, Streuobstwiesen oder Industrie-Mahnmale bergen spannende Geheimnisse aus der Vergangenheit, die sich oft nicht auf den ersten Blick erschließen.
Schüler hautnah lokale Geschichte erfahren zu lassen – so heißt deshalb das Ziel von Initiativen wie ‚denkmal aktiv‘ oder der DENK-MAL-Stiftung. Sie fördern Schulklassen, die sich mit Denkmälern ihrer Umgebung auseinandersetzen, sie in der Öffentlichkeit präsentieren und vielleicht sogar zu ihrer Erhaltung beitragen möchten. [...]
Der ganze Artikel: Link zum Focus-Artikel
"Der Stein beginnt zu reden"
Patenschaften für Denkmäler
Vortrag von Heide Jbach
"Der Stein beginnt zu reden", das Zitat aus dem Schauspiel "Mutter Courage" von Bert Brecht steht für ein Schulprojekt, das ästhetische Bildung für Jugendliche in den Mittelpunkt stellt, diese Bildung als integrative Kraft für die Zukunft unserer Gesellschaft nutzt, in dem gedachten Rahmen die nächste Generation ganz praktisch mit in die Verantwortung für den Erhalt des kulturellen Erbes einbezieht, und im Verlauf dieses Projekts die Begeisterung und den ansteckenden Elan der jungen Menschen aufgreift, um bürgerschaftliches Engagement zu wecken.
Wir haben für unser Projekt Aktivitäten rund um das Denkmal gewählt.
In Zeiten eines besorgniserregenden demographischen Wandels ist es uns ein Anliegen, ganz bewußt und aktiv in unserem Stiftungsbereich die Generationen zu verknüpfen. Im Jahr 2000 haben wir damit begonnen.
Sicherlich fragen Sie sich jetzt, wie sind alle diese Ziele mit einem einzigen Projekt zu verwirklichen?
Ich hoffe, ich kann Ihnen unsere Idee und ihre Umsetzung deutlich machen. Besonders am Herzen liegt mir, Ihnen die Freude aller Beteiligten an dieser Arbeit zu vermitteln, denn sie hat einen bedeutenden, nicht zu unterschätzenden Anteil am Erfolg des Projekts.
Natürlich wäre es viel lebendiger und schöner, wenn die engagierten und inzwischen außerordentlich kompetenten Schüler des Kaiser-Heinrich-Gymnasiums in Bamberg oder des Herder-Gymnasiums in Pirna mit ihrem speziellen jugendlichen Charme das Projekt hier persönlich vorstellen könnten.
Vielleicht glückt es aber auch mir - etwas von dem ansteckenden Engagement der Schüler und Pädagogen für ihre "Patendenkmäler" – an Sie weiterzugeben.
Nun liegt es – wie so häufig – in der Luft, daß auch andere Institutionen ähnliche Ideen zeitgleich aufgreifen und umsetzen. Oft stehen dort spezielle Abteilungen und auch mehr Geld zur Verfügung, um die Projekte zu realisieren. Unser Beitrag - initiiert von einer kleinen Stiftung und im Augenblick zwei engagierten Schulen - möchte weiteren leidenschaftlichen Umwelt- und Denkmalschützern Mut machen und aufzeigen, daß es möglich ist, selbst mit geringen Mitteln, aber guten Ideen, großem Engagement und mit besonderer Motivation "Berge zu versetzen und Denkmäler vor Ort zu erhalten".
Ziel des Projekts
Das Schulprojekt "Der Stein beginnt zu reden" bindet ganz praktisch Schüler und Schülerinnen in die Verantwortung für unser kulturelles Erbe mit ein. Die nachwachsende Generation muß frühzeitig die ideelle und materielle Bedeutung von Denkmälern als unverzichtbaren Teil unserer Geschichte und unserer Umwelt wahrnehmen - und erkennen, dass Kunst und Kultur einen wichtigen Stellenwert in unserer Gesellschaft haben.
Das historische Erbe ist nicht - wie gemeinhin verstanden - ein mehr oder weniger unverdientes Geschenk, sondern auch ein Auftrag vergangener Generationen an die folgenden, das von ihnen Geschaffene zumindest zu erhalten und nach Möglichkeit zu mehren.
Die Schüler werden motiviert, sich Gedanken um die Historie der Denkmäler zu machen, um die aktuelle Situation, die Probleme und ihre Ursachen und um Lösungsmöglichkeiten. Sie sollen nach eigenen Wegen suchen und praktisch handeln, indem sie das neu gewonnene Wissen umsetzen und erkennen, wie sehr es sich lohnt, vernünftig und verständnisvoll mit unserer Umwelt umzugehen. Sie entwickeln damit neue Fähigkeiten, Möglichkeiten und Ideen und können eigene kreative Kräfte auf unterschiedlichen Gebieten freisetzen.
Gerade mit der Übernahme von Patenschaften entwickeln die Jungen und Mädchen durch ihr intensives Engagement Eigenverantwortung, und über den Weg der ganz persönlichen, aktiven Schöpfung von Geldmitteln für die Restaurierung von Denkmälern lernen sie, die Schwierigkeiten rund um die Finanzierung von dringend nötigen Maßnahmen kennen. Sie begreifen auch, daß man nicht einfach immer nur nach öffentlichen Mitteln rufen kann.
Für die jungen Menschen gewinnt der Einsatz – auch speziell auf dieser finanziellen Ebene - einen besonderen Erfahrungswert.
Nicht zuletzt muß betont werden, ist - neben dem pädagogischen Effekt - ein wichtiges Ziel des Projekts, Denkmäler vor dem endgültigen Verlust zu retten, für deren Restaurierung in Zeiten knapper Mittel kein Geld vorhanden ist, und für dieses Vorhaben die Bürger der Städte zu motivieren, sich ebenfalls aktiv einzubringen.
Umsetzung des Projekts
Ich möchte Ihnen die Umsetzung der Idee an jeweils einem Teilprojekt aus Bamberg und Pirna vorstellen.
Eine beeindruckende Patenschaft im Rahmen der Schulaktion in Bamberg ist das Engagement für den "Bamberger Kreuzweg", gestiftet 1503. Dieses kostbare Bildwerk ist der älteste vollständig erhaltene Kreuzweg in Deutschland, der noch wirklich im Original am Originalstandort steht, ein Zeichen der heute noch lebendigen Volksfrömmigkeit in Franken.
In Pirna startete das erste Patenprojekt Ende 2004. Hier geht es um die umfangreiche Maßnahme der Restaurierung des Nordportals von St. Marien und im ersten Teilprojekt um die Restaurierung der Skulpturen von Luther und Melanchthon.
Die Aktivitäten der Schüler sind auf drei Punkte focusiert:
die inhaltliche und praktische Auseinandersetzung mit den Patenprojekten
die Finanzierung der Instandhaltung der Reliefs bzw. Skulpturen
die Motivation der Bürger Bambergs und Pirnas zum Engagement
Zunächst kommt der inhaltlichen Auseinandersetzung in den Geisteswissenschaften große Bedeutung zu, in Fächern wie Kunst, Geschichte, Geographie, Deutsch und Latein.
Pädagogisch sehr erfolgreich ist, ist die Durchführung der Projektarbeit im klassen- und fächerübergreifenden Unterricht in Bamberg alles dokumentiert im Internet unter apfelweibla.de. In Pirna ist die Internetseite noch im Aufbau.
In diesem Zusammenhang gewinnt plötzlich auch in der praktischen Anwendung Latein einen wichtigen Stellenwert, zum Beispiel bei der Quellensuche, der Übersetzung von Inschriften und sogar beim Aufspüren von Restaurierungsfehlern, was in Bamberg tatsächlich vorgekommen ist.
In Pirna begegnen Schüler zum ersten Mal Bibeltexten, als sie die Inschriften im Deckengewölbe rund um die Säulen in der gewaltigen Halle von St. Marien übersetzen, und sie sind fasziniert von dieser Schrift.
In den Naturwissenschaften setzen sich die Schüler mit dem Zusammenspiel von Natur und Kultur auseinander, mit den Ursachen von Zerstörungen an Denkmälern, mit Lösungen zur Vermeidung von Umweltschäden, mit Restaurierungsmöglichkeiten, mit Materialien und Techniken.
Ja, sogar in der Mathematik gibt es ein Thema mit der Berechnung der Schrittlänge des Marschalk von Raueneck, der den Bamberger Kreuzweg gestiftet hat.
Bei dieser Aktion stellen die Schüler fest, dass eines der Reliefs an einer anderen Stelle gestanden haben muß, was bei der anschließenden Quellenrecherche auch bestätigt wird. Ein solches Erlebnis bringt Farbe in den Unterricht und prägt sich unauslöschlich ein.
Die praktische Auseinandersetzung verknüpft in hervorragender Weise das in der Schule Gelernte mit der Realität. Besichtigungen schaffen einen faßbaren Bezug des Unterrichtsstoffs zur Wirklichkeit.
Das Gärtnerviertel von Bamberg z. B. gehört eng zum Gesamtensemble der Weltkulturerbestadt. Es ist zum großen Teil ein eindrucksvolles Naturdenkmal. Die Bedeutung für die Wirtschaft der Stadt - vor dem Hintergrund von Klima und Bodenbeschaffenheit - und die Arbeitswelt des Gärtners bringen neue Sichtweisen.
Pirna - in der Sächsischen Schweiz gelegen - bietet mit seiner Umgebung einen besonderen Reichtum an Steinbrüchen und verbindet Geographie mit praktischer Geologie.
Die Besichtigung von Fachfirmen in der Denkmalpflege - vom Restaurierungsbetrieb über den chemischen Betrieb und das Bildhaueratelier bis hin zum Architekturbüro - und die Zusammenarbeit mit zahlreichen Institutionen - wie Lehrstühlen der Universität (Geographie, Volkskunde, Geschichte, Denkmalpflege, Geologie), den Landesämtern für Denkmalpflege, den Denkmalämtern der Städte, Staatsarchiven, Bibliotheken, den Kirchen, Museen und auch Altstadtvereinen - erweitern den Horizont der Schüler.
Der Umgang mit Techniken und Materialien wie Pflanzen, Stein, Ton, Holz und Restaurierungsmitteln sind für viele Schüler ein besonderer Anreiz, und die praktische Begleitung der Instandsetzungsmaßnahmen erschließt den Jungen und Mädchen ganz neue Erkenntnisse. Dazu kommen Besuche auf der Denkmalmesse in Leipzig. 2004 stellten die Schüler aus Bamberg ihre Projekte vor. In diesem Jahr werden die Jungen und Mädchen aus Pirna auf der Messe in der nächsten Woche ihre Fachkenntnisse erweitern und können vor einem großen Fachpublikum in beeindruckendem Rahmen über ihre Patenschaft berichten. Gerade das sind besonders motivierende Erfolgserlebnisse.
Die Geldmittelbeschaffung erfordert Ideen, Engagement und viel Fleiß. Mit Theateraufführungen, Musicals, Lesungen, Konzerten, Tombolas, Flohmärkten, Spenden, Preisgeldern, Erlösen bei Geburtstagen und Jubiläen haben die Schüler der beiden Gymnasien einen großen Teil des benötigten Geldes gesammelt.
Es ist beeindruckend, wie intensiv sich die Jungen und Mädchen mit den Patenprojekten identifizieren, wie groß ihr Ideenreichtum ist. Die Schüler bringen eigene höchst qualifizierte Vorschläge ein, wie z. B. die Idee zu einem musikalisch und schauspielerisch gestalteten Balladenabend in Pirna
oder in Bamberg zu einer gemeinsamen Stadtführung mit dem Lehrstuhl Denkmalpflege zu "Baum und Bauwerk". Speziell in den Domherrenhöfen entdeckten die Schüler uralte, zum Teil fremdartige Bäume, die die Domherren von ihren Reisen mitgebracht haben.
Alle diese spannenden, farbigen Aktivitäten locken in großer Zahl die jüngeren Schüler zum Mitmachen, so dass wir uns um Nachwuchs keine Sorgen machen müssen, denn inzwischen haben die ersten "Denkmalschützer" mit dem Abitur die Schule verlassen.
In welcher Vielfalt ästhetische Bildung gerade auch im Rahmen dieses letzten Punktes gefördert wird, ist unübersehbar.
Ein weiteres wichtiges Ziel im Rahmen der Patenschaften ist der Anstoß zu mehr bürgerlichem Engagement in den Städten Bamberg und Pirna.
Realisiert wird dieser Teil des Projekts durch engagierte Öffentlichkeitsarbeit wie Berichte in der Presse, durch Auftritte im Internet und die Vorstellung des Projekts bei zahlreichen Gelegenheiten. Aus dem Engagement heraus gewonnene Preisen sind ein wichtiger Beitrag zur Finanzierung, wecken aber auch das Interesse der Bürger. Ebenso werden Unterstützungen durch unterschiedlichste Institutionen in den Städten aufmerksam verfolgt.
Hier muß an erster Stelle die großzügige Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt genannt werden.
Ich erwähne die Preise und die oft überraschenden Unterstützungszusagen so nachdrücklich, weil sie die Folge der engagierten und mitreißenden Arbeit der Schüler und ihrer Pädagogen sind.
Engagement zahlt sich durchaus aus. Auch das lernen die Schüler der Gymnasien im Rahmen des Projekts.
Mit dem dritten Patenprojekt in Bamberg – dem Kaiserportal am Kloster Michelsberg – kam uns eine gute Idee. Stiftung und Schule gestalteten im Sommer 2005 ein besonderes Fest "Denkmalissimo", das alle zwei Jahre wiederholt werden soll.
Unterschiedliche Gewerke und wissenschaftliche Bereiche, die mit der Denkmalpflege eng zu tun haben, stellen sich vor, laden zur Information, aber auch zum Mitmachen ein.
Steinmetze, Stein- und Holzbildhauer, Restauratoren, Spengler, Musikinstrumentenbauer, Geologen, Mineralogen und Biologen, Denkmallabore und Architekten, die Denkmalämter und der Lehrstuhl für Denkmalpflege sind vertreten. Eine einmalige Gelegenheit für interessierte Laien, der Denkmalpflege mit all ihren Facetten näherzu- kommen.
Musikbeiträge der Schüler, Theater, Musicals rahmen die Veranstaltung ein, so dass fast die gesamte Schule beteiligt ist und damit das aktive Denkmalteam unterstützt – ein Schulprojekt eben.
Ein geringes Eintrittsgeld, der Verkauf von gestiftetem Gemüse aus dem Gärtnerviertel in Bamberg und von Genüssen für den Magen - Beiträge der Eltern - sorgen für die Mittel zur Restaurierung der Patendenkmäler.
5.000 Euro hat die Veranstaltung in 6 Stunden eingebracht und unendlich viel Begeisterung, Freude und Anerkennung von allen Seiten.
Ein historisch gewachsener Lebensraum bedeutet ein Stück Heimat und Lebensqualität, und es ist wichtig, dass die Bürger und gerade auch die nächste Generation erkennen, dass der Erhalt und die Pflege der Umwelt mit ihren Denkmälern nicht ohne Einsicht, Mühe und persönlichen Einsatz möglich ist. Denkmalissimo will dazu beitragen.
An dieser Stelle möchte ich einräumen, dass nicht alles immer so problemlos verläuft, wie es nach meinem bisherigen Bericht den Anschein hat, dass aber Enttäuschungen erstaunliche Kräfte mobilisieren.
Das Projekt in Pirna wurde durch einen außergewöhnlichen Umstand ins Leben gerufen. Ich begegnete dem New Yorker Direktor der Stiftung "World Monument Fund" und seinem europäischen Vertreter. Sie waren begeistert von der Verknüpfung Rettung von Denkmälern und pädagogischem Ansatz und forderten mich auf, bei einem ähnlichen Projekt einen Antrag an den World Monument Fund zu stellen.
Fast zur gleichen Zeit sprach mich das Sächsische Landesamt für Denkmalpflege an, ob ich das "Bamberger Modell" auch in Pirna ermöglichen könne.
Das Nordportal, der inzwischen mit großem Aufwand restaurierten Hallenkirche St. Marien, sei extrem gefährdet und Mittel zur Restaurierung seien nicht vorhanden.
Kurzerhand verknüpfte ich beide Anliegen, suchte nach einer interessierten Schule in Pirna und fand das Herder-Gymnasium mit zunächst zwei engagierten Pädagoginnen – inzwischen beteiligen sich zahlreiche Lehrer aus sehr unterschiedlichen Fachbereichen.
Leider wechselte die Leitung des europäischen Büros der Stiftung World Monument Fund – wir verloren einen großen Freund und Befürworter unseres Engagements - und erhielten nach einem Jahr eine ganz kurze, unbegründete Absage per email.
Die Enttäuschung bei den Schülern war groß und bei mir auch das Entsetzen, denn ich hatte ein Rad in Bewegung gesetzt, das nun hoffnungslos festhing. Es geht bei der Restaurierung des Westportals in Pirna um immerhin 302.000 Euro.
Um nun das Engagement der Schüler nicht ins Leere laufen zu lassen, entschlossen sich Schule und Stiftung ganz kurzfristig, zunächst einmal die Restaurierung der Skulpturen, die das Portal flankieren, in Angriff zu nehmen, um für die engagierten Schüler ein Erfolgserlebnis zu schaffen.
Dank wiederum durch Förderung und Spenden, aber vor allen Dingen durch die beeindruckenden Aktivitäten der Schüler sind nun die 40.000 Euro für die Restaurierung der Skulpturen gesammelt, und die Arbeit hat im September begonnen.
Inzwischen sind Bürger und Verwaltung von Pirna so beeindruckt, ja, fasziniert von dem Elan der Schüler des Herder-Gymnasiums, dass sie versuchen wollen, auf jede nur erdenkliche Weise - jetzt erst recht - die für Pirna riesige fehlende Summe von 262.000 € nach und nach aufzubringen.
In Pirna bewegt sich etwas, angestoßen von jungen Menschen, die Ihr Interesse für ihre Umwelt und ihre Denkmäler, ihre Geschichte und Kultur entdeckt haben und die zeigen, Engagement lohnt sich und macht Freude.
Blick in die Zukunft
Das Schulprojekt in Bamberg läuft seit zehn Jahren - zur Zeit mit dem vierten Teilprojekt. Mit dem Projekt in Pirna waren die Schüler über vier Jahre beschäftigt.
Im dritten Jahr läuft ein Projekt in der Diesterweg-Grundschule in Göritz. Dieses Projekt wurde im vergangenen Jahr vom Kultusministerium mit dem Sächsischen Schulpreis "Schule mit Ideen" ausgezeichnet.
Nur in der Langzeitwirkung kann die Bildungsidee dieser Schulprojekte umgesetzt und im Bewusstsein der Schüler verankert werden, denn für einen nachhaltigen Erfolg muss Zeit zum Wirken bleiben. Viele kurzfristige Aktionen, die nach dem Prinzip der "Streusandbüchse" initiiert werden, geraten zu schnell wieder in Vergessenheit.
Vor diesem Hintergrund hat die Denk-Mal-Stiftung im Januar 2007 eine sehr schöne Wanderausstellung initiiert, um zunächst in Oberfranken die Idee der gut umsetzbaren Schulpatenschaften für Denkmäler auch in andere Städte zu tragen.
Die Ausstellung wurde im Februar 2008 mit großer Resonanz im
Bayerischen Landtag, im Maximilianeum, gezeigt.
In Bamberg engagieren sich die Schüler aktuell für die Restaurierung der Orgel in der Elisabethenkirche im Sand und diese Restaurierung der berühmten Namenspatronin der Kirche, Elisabeth von Thüringen ist ein Geschenk aus Anlass des 800. Geburtstags.
"Ein Geschenk für Elisabeth" heißt das vierte Patenschaftsprojekts.
Im Schuljahr 2009/2010 hat die Stiftung zwei neue Projekte gestartet, in München ein Hundertwasserprojekt mit einer Gesamtschule in Bayern, und mit der Hauptschule in Bamberg Gaustadt. Hier steht ein Industriedenkmal im Mittelpunkt.
Bei den beiden letztgenannten Schulprojekten wird der Denkmalgedanke erweitert durch die Integrationsidee. Beide Schulen sind geprägt durch Schüler mit Migrationshintergrund. In Bamberg sind es acht Herkunftsländer und in München mehr als dreißig Nationen.
Wenn sich alle Schüler gemeinsam um ein Denkmal ihrer nahen Umgebung kümmern, ihrer zum Teil neuen und jetzt aber gemeinsamen Heimat, wenn sie sich mit einer so ganz praktischen handfesten Sache beschäftigen, sich engagieren, Verantwortung übernehmen, schafft das gemeinsames Interesse, einen Zusammenhalt untereinander, vielleicht ein Stück Identität mit dem Umfeld, in dem sie leben.
Erleben konnten wir im letzten Sommer ein Erfolgszipfelchen einer solchen Idee. Nach Unterrichtsgesprächen zu Krieg und Frieden, Verantwortung und Gedenken wurde das Kriegerdenkmal an der Kirche, nahe der Schule zu einer Art Friedensprojekt. Gemeinsam malten unter Anleitung eines Restaurators und einer Kunstpädagogin an drei heißen Tagen Serge, Jonas, Pedro, Ibrahim, Juanita und Claudia die Buchstaben der Namen aller gefallenen deutschen Soldaten aus zwei Kriegen liebevoll aus. Das Denkmal war vorher fachgerecht gereinigt und neuverfugt worden. Begeisterung und auch Ehrgeiz waren groß und die Belohnung war neben erstklassiger Betreuung auch für den Magen der Empfang der Schüler durch den Oberbürgermeister im Rokokosaal des Alten Rathaus auf der Brücke. Für die Schüler war es ein unvergessliches Erlebnis der Anerkennung und ein großes Stück gemeinsamer Freude, egal aus welchem Land die Eltern stammten.
Wenn ich zum Schluss sagen soll, was die Stärke gerade dieses Projekts ausmacht, womit es sich von ähnlichen Ideen abhebt, so möchte ich einige wichtige Aspekte formulieren:
Alle noch so perfekt entwickelten Unterrichtskonzepte zu dem Thema Denkmalpflege, alle theoretischen Pläne, Vorschläge, Fortbildungen, können intensive, persönliche Kontakte und die Nähe zu den Beteiligten nicht ersetzen.
Hier kann die Denk-Mal-Stiftung mit dem Projekt "Patenschaften für Denkmäler" ihre besonderen Stärken einbringen:
Die Koordination grundlegender Aufgaben durch die Stiftung, die Übernahme zahlreicher bürokratischen Arbeiten, die Durchführung von Antragstellungen und Nachfolgearbeiten, wie Berichten, Pressearbeit, Kontakte zu allen beteiligten Bereichen, die Organisation von Veranstaltungen, das Einbringen von verfügbaren Netzwerken und die Vermittlung immer wieder neuer Ideen und Anstöße.
Von besonderer Bedeutung ist der schon erwähnte "Langzeitgedanke" des Projekts, damit die Idee, die hinter dem Projekt steckt, Wurzeln schlagen kann.
Ermutigung, Anerkennung, Lob für die Schüler und vielleicht auch manchmal für die Pädagogen sind eine inspirierende Ergänzung zu allen Beiträgen, die von der Stiftung mit intensivem persönlichen Engagement und mit Begeisterung eingebracht werden.
Ich kann für die Denk-Mal-Stiftung aus vollstem Herzen feststellen, es ist ein gutes Gefühl "den Stein nicht nur zum Reden", sondern auch "ins Rollen gebracht zu haben".
Heide Jbach – Januar 2010